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Hat die Corona-Isolation auch positive Seiten?

April 3, 2020

Kolumne von Pilar Hammerl |

Eigentlich hatte ich ganz andere Pläne für diese Kolumne … ganz andere! Aber dann kam Corona. Und beim Ausschreiben dieses Satzes wird mir bewusst, wie oft ich ihn die letzten Tage verwendet habe. „ … Und dann kam Corona.“ Dabei bin ich fest davon überzeugt, dass alles aus einem Grund passiert und jede Krise eine Chance beinhaltet. Dieses Mal vielleicht die größte seit langem…. Aber um es mal in einem der allseits beliebten Instagram-Quotes auszudrücken: „I know everything happens for a reason. But what the fuck?!“

Damit hätte wohl wirklich niemand gerechnet. Ich sollte vielleicht noch ergänzen, zu welchem Zeitpunkt diese Kolumne verfasst wird. Wer weiß wann sie gelesen wird und wie sich die Welt in einer, in zwei oder in vier Wochen verändert hat. Also bitte: Heute ist der 03. April 2020. Und wir alle sind Zeitzeugen, einer wirklich ungewohnten Situation. Ist das noch an Dramatik zu toppen? Zeitzeugen einer Pandemie. Zeitzeugen von Ausgangssperren und „physical distancing“. Zeitzeugen von dem Zusammenbruch unserer Wirtschaft? Ich hoffe nicht. Aber das ist es, was so viele befürchten. Und obwohl ich nicht die allergrößte Verschwörungstheoretikerin bin, frage auch ich mich, ob da nicht mehr dahintersteckt.

Aber dazu sollte sich vielleicht jeder seine eigenen Gedanken machen. Denn was uns wirklich nicht weiterbringt, ist Angst schüren und Panik verbreiten. Und damit komme ich zu dem eigentlichen Thema dieser Kolumne – das Positive. Jetzt werden sich sicher einige fragen, was denn an DIESER Situation bitte positiv sein mag. Aber ja, darauf sollten wir uns konzentrieren!

Was ich in meinem Umfeld sehe, ist für mich mehr als positiv. Vielleicht ist es das, was wir alle aus der Situation lernen können. Immer mehr Menschen stehen gemeinsam für gute Dinge ein und helfen Anderen. Sei es den kleinen und mittelständischen Unternehmen in ihrer Region, älteren Menschen, ihren Nachbarn, Freunden oder der Familie.

Wie viele Projekte wurden in den letzten Tagen und Wochen ins Leben gerufen, um die lokalen Unternehmen in der Heimatstadt zu unterstützen? Wie viele Gabenzäune gibt es mittlerweile? Wie viele Menschen gehen plötzlich für andere einkaufen, um sie zu schützen? Wir beginnen wieder, uns auch um andere zu sorgen. (Abgesehen davon, dass unsere Umwelt auch mal wieder aufatmen kann.)

Für die meisten von uns wurde der Alltag von einem auf den anderen Tag extrem entschleunigt. Unsere Routinen bröckeln vor sich hin, unser Netzwerk aus Verbindlichkeiten verliert an Dichte. Wir treffen uns nicht mehr mit Freunden, wir gehen kaum noch vor die Tür, wir verreisen nicht mehr … Wir sitzen fest, wenn man so will. Alle in einem Boot.

Auch ich tippe diese Zeilen nicht im schicken Business-Outfit in meinem Büro, sondern im Jogger in meinem Garten. Keine Kollegen um mich herum, kein gemeinsamer Lunch und auch kein Plausch an der Kaffee-Maschine. Soziale Kontakte? Fehlanzeige. Das ist mehr als ungewohnt. Und trotzdem haben wir keine andere Wahl. Warum also nicht das Beste daraus machen?

Alleinsein ist nicht gleich einsam sein

Wir haben wieder Zeit für uns. Was für viele unerträglich scheint, versuche ich als Chance zu sehen. Und damit wären wir beim nächsten positiven Aspekt, den wir aus dieser Situation ziehen können. Alleine sein ist nicht gleich einsam sein. Alleine sein beschreibt lediglich den physischen Zustand, in den wir uns begeben. Einsamkeit hingegen das ungute Gefühl, das uns dabei überkommt.

Der Sozialpsychologe und Neurowissenschaftler Cacioppo fand in einer Studie heraus, dass sich eine verheiratete Mutter inmitten eines erfüllenden Berufslebens und mit glücklicher Partnerschaft genauso einsam fühlen kann, wie ein junger Student, ohne große soziale Kontakte. Die äußeren Umstände bestimmen also nicht zwingend unsere Gefühle. Wir sind es, meiner Meinung nach, die in der Hand haben, wie wir die Dinge wahrnehmen und erleben. Wir selbst geben den Dingen ihre Bedeutung!

Und daran sollten wir uns vielleicht alle wieder erinnern. Denn beim Thema Einsamkeit scheiden sich die Geister. Begeben wir uns freiwillig hinein, fühlen wir uns darin durchaus wohl. Werden wir hineingezwungen, befällt uns schnell ein ungutes Gefühl. Und so können es viele kaum ertragen, alleine zu sein. Sie suchen zwanghaft nach Unterhaltung und Zerstreuung. Sie lassen sich weiterhin rund um die Uhr von außen berieseln. Sei es durch das Netflix-Programm oder unser geliebtes Smartphone. Der Hashtag #stayhome beweist es. 9,3 Millionen Bilder existieren aktuell unter diesem Hashtag. Und das alleine auf Instagram. Der Selbstdarstellungsdrang unserer Generation erreicht allmählich einen Peak, der mich mehr als je zuvor nervt.

Dabei können wir unsere Zeit jetzt so viel sinnvoller nutzen. Kommt zur Ruhe und fragt euch, was ihr schon immer mal machen wolltet. Lest das Buch, das seit Wochen auf eurem Nachttisch liegt, wagt euch an neue Sportarten heran (jetzt halt über youtube), geht in der Natur laufen (das ist alleine noch erlaubt), probiert neue Rezepte aus und vor allem: Verbringt doch einfach mal Zeit mit euch selbst und euren Partnern und Familien. Alleinsein und Zeit haben kann so gut tun. Ihr könnt euren Gedanken nachhängen und steht in Verbindung mit euch selbst. Und vielleicht erinnern wir uns plötzlich daran, was wirklich wichtig ist. Wer sind wir ohne unsere tägliche Ablenkung? Ohne unsere Jobs? Ohne unsere Titel? Ohne die „Visitenkarte“, die wir uns so lange aufgebaut haben? Ein bisschen Selbstreflektion hat noch niemanden geschadet.

In diesem Sinne: Stay home, stay positive! Gemeinsam schaffen wir diese Zeit.

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